Montag, 16. Februar 2009
Jiuzhaigou Natur Park

Auf der zwölfstündigen Busfahrt sehe und spüre ich die Auswirkungen des Erdbebens, was im Mai 2008 weite Teile Sichuans verwüstet hat: 69197 Tote, 374176 Verletzte und etwa 18222 Vermisste, ~7,8 Mio. zerstörte Häuser – nach den Informationsblatt meines Hostels. Was ich sehe und spüre sind zerstörte Straßen. Riesige Erd- und Gesteinsmassen sind von den Bergen ins Tal gerutscht. Blaue Zelte stehen neben eingefallenen Häusern. Quälend langsam rattert der Bus voran. Es geht nach Jiuzhaigou, der Perle der National Parks in Sichuan. Im Bus treffe ich noch drei deutsche Studenten aus Beijing.
Es ist nun die Zeit des Neujahrsfest. Jiuzhaigou ist fast menschenleer, da ja alle Chinesen zu Hause bei der Familie sind und über dem Park liegt eine stille, geheimnisvolle Atmosphäre. Die zahlreichen Seen sind spiegelglatt und strahlen in Türkis und verschiedenen Grüntönen. Ab 2900m sind die Seen dann zugefroren. Durch die Sonneneinstrahlung bilden sich Spannungen und Risse in der Einschicht, was faszinierende Geräusche verursacht. Die zahlreiche Wasserfälle sind jetzt gefroren und bizarre Eiskristalle bilden sich dort, wo das Wasser noch abfließt. Ringsum sind riesige (unbestiegene) Granitwände zu sehen und Schneebedeckte Gipfel, die ich auf mindestens 4500m schätze. Mit jedem Schritt taucht man in ein anderes atemberaubendes Naturschauspiel ein und meine rechte Hand sehnt sich nach einem warmen Plätzchen in der Jackentasche, anstatt ständig mit dem Fotoapparat hantieren zu müssen.


Permalink  | 0 Kommentare  | kommentieren

Chengdu

Im Winter ist Chengdu, die Hauptstadt Sichuans, genauso interessant wie im Rest des Jahres. Nur bleiben jetzt die Massen an Touristen aus. Sichuan ist eine der beliebtesten Provinzen Chinas und das hat sich auch schon bei den “Laowai’s“ herumgesprochen. Warum also nicht mal hinfahren und gucken, hab ich mir gedacht. Eine der Besonderheiten Sichuans ist die hiesige Cuisine, die bei allen Chinesen sehr beliebt ist. Die Klassiker sind Fisch-Hot-Pot, Sichuan Hühnchen und einige weitere Delikatessen. Der Ungeübte probiert lieber erst mal vorsichtig. Denn berühmt ist der Sichuan Pfeffer, der ganz gerne und auch großzügig Verwendung findet. Mit steigendem Schärfegrad stellt sich auch ein stärker werdendes Taubheitsgefühl an den Lippen und der Zunge ein. In höheren Dosen kann der Pfeffer wahrscheinlich auch zu medizinischen Zwecken (lokale Betäubung) eingesetzt werden. Eine gewisse Akklimatisierungsphase ist auf jeden Fall beim Essen anzuraten.

Es ist Ende Januar und der erste Neumond kündigt sich an. Die Chinesen bereiten sich mit vollem Eifer auf das Neujahrsfest vor. Die meisten von Ihnen haben eine Woche frei und nutzen den Anlass, nach Hause zur Familie zurückzukehren und zusammen das Frühlingsfest zu feiern. Die Straßen sind mit Laternen geschmückt, Hauseingänge werden mit roten Spruchbändern mit den Wünschen fürs neue Jahr (z.B. Glück und Reichtum) geschmückt, überall werden Feuerwerkskörper und Böller verkauft, Süßigkeiten und allerlei Geschenkartikel werden auf Straßenmärkten feilgeboten –es ist einiges los auf den Straßen. Auch die Tempel erfreuen sich an einer hohen Besucherzahl. Viele Leute, ob nun Buddhisten oder nicht, möchten noch ihren persönlichen Wunsch fürs neue Jahr loswerden.

Sichuan ist auch bekannt als die Heimat der Pandas. Diese leben in Naturreservaten verstreut in der Wildnis der Berge oder in Bambuswäldern. Das bekannte Reservat Wolong ist leider während des Erdbebens 2008 zerstört worden und die Straßen sind unbefahrbar. Aus diesem Grund muss ich mich mit dem Tierpark von Chendu begnügen.

Unweit von Chengdu befindet sich das kleine Städtchen Leshan. Hier gibt es eine riesige Tempelanlage mit der größten Buddha Statue (71m). Um 713 AD hatte der Mönch Hai Tong die glorreiche Idee (und er hatte auch Hammer und Meisel), einen überdimensionalen Buddha in die Felswand zu schlagen. Die Geschichte geht so, dass die Statue 803 AD fertig und Hai Tong längst gestorben war. Andere Quellen behaupten, dass die Statue 90 Jahre nach seinem Tod fertig war. Jedenfalls muss irgendjemand ihm dann wohl bei der Arbeit abgelöst haben…
Seit dem sitzt der Buddha nun am Qing Yi Fluss und beschützt die Bootsfahrer vor gefährlichen Strömungen und sorgt für regen Andrang von Touristen. Und in der Tat, er ist einfach gigantisch in seinen Ausmaßen. Er befindet sich in einer riesigen Kosteranlage, wo ich zusammen mit Maelle, einer Reisenden aus Frankreich, die in Beijing studiert, die Gärten und Tempel besichtige. Begleitet werden wir von einer jungen Chinesin, die in ihrer Freizeit ihr Englisch aufbessern möchte. Und so gibt es einiges zu Schnattern und zu staunen.


Permalink  | 0 Kommentare  | kommentieren

Dienstag, 4. November 2008
Huang Shan

Im Regen sei es am schönsten haben sie gesagt, die Felsen würden praktisch im Wolkenmeer schweben. Und so kam es, wie es kommen musste, wir schauen staunend auf die Granit Riesen, die von Wolken umringt werden. Die beiden Damen haben sich wacker geschlagen. Einige Male haben wir uns über die unendlichen Treppen des Westweges durch die Wolkendecke gekämpft. Der Regenschirm erweißt sich als überaus praktischer Wegbegleiter. Einige Schuhe sind durchgeweicht und einige Waden sind müde. Auf dem Vorgipfel des Huang Shan (Gelbe Berge), einem der berühmtesten Gebirge Chinas in der Anhui Provinz, machen wir die wohlverdiente Pause. Mit dem Bus sind wir mehr oder weniger bequem hierher gelangt. Antje und Veronika, die in Changshou Deutsch unterrichten, haben sich meinen Plänen angeschlossen und genießen die Umgebung sichtlich.

Diesmal habe ich alles eingefädelt: den Bus, die Übernachtungen und so weiter. Das erste Mal sah ich mich mit den Problemen der Reiseplanung in China konfrontiert. Und ich habe Erfahrungen gesammelt: Für Züge oder Busse bekommt man üblicherweise KEIN Rückfahrticket, das muss man dann vor Ort (oder Clevererweise im Hotel) organisieren, die Ankunftsorte (bzw. deren richtige Angabe) der Busse sind Schwankungen im Bereich von 60km unterworfen. Ja; und wenn das Personal am Schalter nicht mehr weiter weiß zeigt es einfach in eine beliebige Himmelrichtung (vom Körper weg) und delegiert somit die Probleme (Kunden) dann auch dahin, wo sich private Taxiunternehmer dann darum reißen. Am Ende kommt man irgendwie immer weiter. Wer Geduld hat, kann sogar entspannt ankommen und hat auch noch Spaß dabei. Manchmal kommt dann wieder ein Lichtblick, Jemand, der vor hat zu helfen. Das tilgt dann auch den Ärger.

Das antike Tor von Xidi erwartet mich am Sonntag allein. Die beiden mussten schon vor mir wieder zurück, die Schule ruft. Das etwa 1000 Jahre alte Dorf bezaubert mit seinen engen Gassen und dem einfachen Charme, den man in China man nur noch selten findet. Auch der alte Mann in der Teestube, der mir mit klarer, ruhiger Stimme die Herkunft und Bedeutung des grünen Tees erläutert (das ist der Teil, den ich verstanden habe), gehört dazu.
Der Reisende, der verstehen will, unterscheidet sich vom Touristen, der nur konsumieren will. Ich glaube das habe ich auch verstanden…


Permalink  | 0 Kommentare  | kommentieren

Sonntag, 12. Oktober 2008
Xi' An

In China hat und hatte das Zentrum “die Mitte“ immer eine wichtige Bedeutung. Im Alltag bei der Richtungsbestimmung oder im täglichen Sprachgebrauch ist “Zhong“ (China: Zhongguo) ein fester Bestandteil.
Xi’ An liegt genau in der Mitte Chinas und war zugleich das Zentrum der Macht im antiken China und Ausgangspunkt der Seidenstraße. Der erste Kaiser der Chinas regierte hier und ließ sich noch zu Lebzeiten (ca. 200 BC) einige Denkmäler setzen, wie die Große Mauer und die Terrakotta-Armee. Gleichzeitig war er ein Tyrann, der das Chinesische Volk zu Knetchen wusste - ein Model für so viele seiner Nachfolger.

Noch nie zuvor bin ich ganz allein auf eine Urlaubreise gegangen, diesmal ist Premiere. Die Atmosphäre der Stadt ist erfrischend anders. Das liegt nicht nur an den niedrigeren Temperaturen von etwa 16°C am Tag, sondern auch an der Größe der Stadt. Mit 5 Millionen Einwohner zählt eine chinesische Stadt zur Kategorie Kleinstadt, was oft mit unbedeutend gleichgesetzt wird. Doch Xi’ An hat eine Menge Flair zu bieten. Eine Stadtmauer umringt die Altstadt, in der sich traditionelle, historische und auch moderne Gebäude befinden. Ebenso findet sich im Zentrum ein muslimisches Viertel mit seinen Märkten und einer großen Moschee im chinesischen Baustil.

Im Backpacker (Jugendherberge) schließe ich mich einer Tour zur Terrakottaarmee an. Die Armee besteht aus etwa 8000 Kriegern (es wurden noch nicht alle ausgegraben), die in Lebensgröße von Kunsthandwerkern als Grabbeilage angefertigt worden (die unbekannten Künstler wurden ebenfalls gleich lebendig mit beigesetzt). Imposant sind die Vielfalt und die Detailgetreue der Krieger, die alle Einzelstücke sind. Anschließend geht’s noch zur buddhistischen Pagode und den Abend verbringen wir mit einem Dumplin-Workshop. Dumplins ist der englische Begriff für die chinesischen Maultaschen “Jiaozi“, die wir zusammen in mühevoller Kleinarbeit für das Kochen vorbereiten und anschließend genussvoll verzehren. Am nächsten Tag muss ich meine Pläne, in das Hua Shan Gebirge zu fahren, verwerfen - die Zeit ist zu knapp. Deswegen besuche ich zusammen mit Jirrie (FRA) eine weitere Ausgrabungsstätte.
Han Yanling ist das Grab von Jingdi, der als Han Kaiser nach taoistischen Grundsätzen weise regierte. Er wurde ebenfalls mit Tonfiguren beigesetzt. Allerdings befinden sich neben Kriegern auch Tiere und Gefäße unter den über 50000 Fundstücken. Zum Abschluss schlendern wir noch mal das muslimische Viertel entlang, lassen uns von den Leckereien am Straßenrand verwöhnen und schauen noch mal bei der Moschee vorbei.

Alles in Allem, drei nette Tage in China.


Permalink  | 1 Kommentar  | kommentieren

Theme Design by Jai Nischal Verma, adapted for Antville by ichichich.