Si Du

Si bedeutet im Chinesischen soviel wie 4, wenn man es im 4. Ton ausspricht. Im 3. Ton bedeutet es Tod. Deswegen wollen einige Chinesen nicht im 4. Stock wohnen. Im Aufzug wird auch schon mal die 4 übersprungen… “Du“ hat im Chinesischen keine Bedeutung.

Als wir die hektische Hauptstadt Peking, die mitten in den Olympiavorbereitungen steckt, hinter uns gebracht haben, liegt eine lange Fahrt mit dem völlig überfüllten Linienbus vor uns. Shanme hat alles organisiert und es klappt auch wie am Schnürchen. Wir passieren Yi Du, Er Du, San Du und schließlich sind wir da. Es ist heiß, etwa 37°C, die große Felswand hat mich schon im Bus angelacht.

Klettern in Peking

Vor Ort finden wir eine ganze Schar chinesische Kletterer, die sich zu einem kleinen Wettbewerb hier draußen treffen. Alles ist ganz locker und mehr als Spaß gedacht. Es sind verschiedene Sportkletterrouten eingerichtet, die auch fleißig beklettert werden. Eine Route ist die Meisterschaftsroute. Sie wird nach Geschwindigkeit (und natürlich Durchstieg) bewertet. Außerdem gibt es noch einen Slaklinewettbewerb. Als Slakline versteht man einen horizontal gespannten Gurt, auf dem balanciert werden kann. Es werden unterschiedliche Abstände überwunden, je länger die Distanz, desto größer die Schwankungen, die geschickt ausgeglichen werden müssen.

Wir genießen das Flair und klettern die eine oder andere Route. Schnell sind Projekte für die kommenden Tage gefunden. Anschließend widmen wir uns dem “Wettkampfgeschehen“. Am Ende gewinnen wir beide einen kleinen Obolus.

Der Ort Si Du wird auch gerne von jungen Brautpaaren für Hochzeitsfotos genutzt. Sie pilgern in Heerscharen herbei und lassen sich vor der Felskulisse knipsen. Ob der eine oder andere Strick oder Kletterer oder beides im Bild herumgeistert scheint niemanden zu interessieren. Meiner Auffassung nach harmonieren Brautkleider und Smokings nicht mit unserer Kluft, aber egal…

Am Abend sitzen alle zusammen im Hostel. Wir schauen diverse Kletterfilme im Innenhof bei ländlich chinesischer Kost. Die folgenden zwei Tage warten wieder mit Neuner-Wetter auf (die Wandseite liegt im Schatten). Nach Durchstieg der Projekte überrede ich Shanme zu einer grandiosen 2 Seillängentour entlang einer glatten Wand, die zwei kleine Dächer aufweißt.

Am Schluss bleibt mir nur, wie immer, zu sagen: Es war schön, aber das Potenzial des Gebietes ist noch lange nicht ausgeschöpft. Überall locken glatte Felswände mit wunderbaren Linien, teilweise bis zu 200m hoch. Klettern steckt hier in den Kinderschuhen. Es ist ein Aufbruch in der Szene spürbar. Man will Neues erschießen. Traditionen gibt es keine. Es wird einfach losgebohrt. Man kann nur hoffen, dass nicht zu viel dabei kaputt gemacht wird …


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